Die Spindel erleidet im harten Praxiseinsatz einen Crash, die Werkzeugmaschine steht. Aufträge können nicht mehr bearbeitet werden – der Super-Gau für Fertigungsbetriebe. Abhilfe bietet jetzt ein „All inclusive“-Service für Ersatzspindeln.
Die im "Spindelhotel" gelagerten Ersatzeinheiten sind dank permanenter Kontrolle und Wartung stets einsatzbereit.
Im Falle eines Werkzeugbruchs oder anderer Schäden, die einen Stillstand der Maschine zur Folge haben, ist schnell einen ganzer Auftrag gefährdet. Vereinbarte Liefertermine werden ggf. nicht mehr eingehalten, Folgeaufträge können nicht weitergeführt, Baugruppen nicht zusammengebaut werden und schlimmstenfalls drohen einem Lohnfertigungsbetrieb sogar Konventionalstrafen.
Damit möglichst schnell wieder produziert werden kann, halten insbesondere Serienfertiger Spindeln für den schnellen Austausch vor. Doch sind diese im Fall des Falles tatsächlich einbaubereit, obwohl sie längere Zeit im Regal „herumlagen“? Wenn sie im Hotel der Siemens-Tochter Weiss Spindeltechnologie gelagert wurden, kann diese Frage ohne Einschränkung mit Ja beantwortet werden.
Die Werkzeugspindel ist das Kernstück jeder konventionellen oder CNC-gesteuerten Zerspanungsmaschine. Sie dient zur Aufnahme des Werkzeugs und überträgt die Bearbeitungskraft. Spindeln haben einen direkten Einfluss auf die Leistung, Genauigkeit und Produktivität einer Werkzeugmaschine. Aufgrund der standardisierten Werkzeugaufnahme ist die Spindel und somit die Maschine besonders leicht zu bestücken. Inzwischen sind SK (Steilkegel)- oder HSK (Hohlschaftkegel)-Aufnahmen die Regel. Das macht den Betrieb besonders einfach und komfortabel. Das mühsame manuelle Einspannen eines Fräs- oder Schleifwerkzeugs entfällt.
Jedoch ist die Werkzeugspindel als Schnittstelle zwischen Motor und Werkzeug-Aufnahme besonders hohen Belastungen ausgesetzt. Drehzahl, Vorschub und Widerstand des zu verarbeitenden Materials erfordern eine genaue Auslegung, ansonsten drohen eine vorzeitige Verformung der Arbeitsspindel oder eine überdimensionierte Konstruktion. Zu den Qualitätsmerkmalen gehören zum Beispiel ein kompakter Aufbau, eine hohe Zuverlässigkeit, die absolute Dichtheit des Gehäuses und eine besonders hohe Steifigkeit. Je nach Einsatzzweck und Art der Belastung wird unterschieden zwischen Frässpindeln, Bohrspindeln, Drehspindeln oder Schleifspindeln. Eine Besonderheit sind HF (Hochfrequenz)-Spindeln, die eine extrem hohe Drehzahl (bis zu 100.000 Umdrehungen in der Minute) erreichen können.
Moderne Motorspindeln sind hochkomplexe Einheiten, die „Bewegung brauchen“. Sind sie in Werkzeugmaschinen im Einsatz, ist das ausreichend gegeben. Einzelne Komponenten unterliegen zwar Verschleiß. Schmierstoffe und elastomere Bauteile wie Dichtungen bleiben aber „in Form“ und es gibt auch keine Korrosionsgefahr durch dauerhafte Berühr- bzw. Kontaktflächen.
Bei Ersatzspindeln ist das genau umgekehrt. Es gibt zwar keinerlei Verschleiß, dafür können aber Probleme durch Bewegungsmangel auftreten. Um diese zu vermeiden, sind bei der Lagerung viele Kriterien zu berücksichtigen, damit die Spindel im Notfall sofort zuverlässig funktioniert. Am Einfachsten ist es, sie in die Hände von Spezialisten zu geben. Die Firma Weiss Spindeltechnologie aus Maroldsweisach (www.weissgmbh.com/de/) hat dafür vor kurzem ein sogenanntes „Spindelhotel“ eröffnet. Hier werden Spindeleinheiten – unabhängig, von welchem Hersteller sie stammen – fachgerecht aufbewahrt, sodass sie jederzeit funktionsfähig und abrufbereit sind. Fordert ein Kunde die Spindel an, so verlässt sie – je nach vereinbarter Dringlichkeitsstufe – bereits wenige Stunden später den Aufbewahrungsort.
Kundenbetreuer Tim Jakob ist vom Serviceangebot überzeugt: Die Einlagerung beim Spindelspezialisten umfasst neben regelmäßigen Tests auch eine sachgemäße Verpackung und vibrationsarme, temperierte Lagerung der Spindeleinheit.
Anschließend bauen meist die Instandhalter der Endkunden die Spindel in die Werkzeugmaschine ein, und kurze Zeit später produziert die Werkzeugmaschine wieder zuverlässig Bauteile.
Die Weiss Spindeltechnologie GmbH ist Spezialist für die Entwicklung und Produktion von hochpräzisen Motorspindeleinheiten für die Anwendungsbereiche Drehen, Fräsen, Schleifen und Sonderanwendungen. Seit 2003 ist der Betrieb eine hundertprozentige Tochter der Operating Company „Digital Industries“ der Siemens AG und gehört zum Segment „Machine Tool Systems“ in der Business Unit „Motion Controls“. Mit rund 300 Mitarbeitenden behauptet Weiss dank technischer Innovationen im Bereich der Motorspindeln einen Spitzenplatz. Das gemeinsam mit dem Mutterkonzern Siemens aufgebaute Servicenetzwerk SWSS (Siemens Weiss Spindle Services) unterstreicht die große Bedeutung dieses Betriebszweigs.
Die Kosten für diese Dienstleistung sind überschaubar, wie Tim Jakob, Kundenbetreuer bei Weiss, betont: „Die jährlich oder nach Abruf der Spindeleinheit fällige Einlagerungsgebühr schließt eine sachgemäße Verpackung und eine vibrationsarme, temperierte Lagerung gemäß der Betriebsanleitung der Spindeleinheit ein.“ Zusätzlich fällt bedarfsorientiert eine Servicegebühr pro durchgeführtem Prüflauf an. Diese umfasst nach Beschreibung des Kundenbetreuers einen Funktionslauf, zu dem auch ein Abnahmeprotokoll erstellt wird. „Die fachgerechte Aus- und Einlagerung ist selbstverständlich inkludiert“, ergänzt Jakob.
Um die Einsatzbereitschaft der Motorspindeln jederzeit gewährleisten zu können, untersucht Weiss im Rahmen der wiederkehrenden Abnahmen auch alle weiteren relevanten Funktionseigenschaften. Bei besonders langen Lagerungszeiten werden darüber hinaus sämtliche elastomeren Bauteile wie Dichtungen überprüft.
Die eingelagerten Spindeln werden bedarfsorientiert Funktions- sowie Fettverteilungsläufen unterzogen. So bleiben die Schmier- und Gleiteigenschaften der Lager stets erhalten.
Werden diese Maßnahmen nicht durchgeführt und/oder die Spindeln falsch gelagert, können Korrosionsflächen entstehen oder die Schmierstoffe ihre Gleiteigenschaften verlieren. Falls das der Fall ist, so ist nach dem Einbau der Spindel in die Werkzeugmaschine der nächste Schaden – und damit der nächste Produktionsausfall – quasi vorprogrammiert.
Zum Hintergrund der möglicherweise auftretenden Probleme: Bei Ersatzspindeln ist es wichtig, insbesondere die Öl-Durchleitfähigkeit der in Wälzlagern häufig eingesetzten Fette zu betrachten. Dazu muss der Betreiber einer Werkzeugmaschine – oder aber der Service-Dienstleister – wissen, wie Fett aufgebaut ist und wie es „arbeitet“: Es besteht zu rund 80 Prozent aus Öl, das sich in einem Seifengerüst befindet. Wird das Fett nicht bewegt, leidet die Fähigkeit, das Öl vom Fettreservoir in die eigentliche Kontaktzone zu leiten. So kann es passieren, dass im Einsatzfall der Ölfilm zwischen Wälzkörper und Lagerring zu dünn ist, was letztlich Mischreibung und Verschleiß zur Folge hat.
Durch eine Bewegung in entsprechenden Abständen verhindern Instandhalter, dass diese zentralen Schmier- und Gleiteigenschaften verloren gehen. Eine Besonderheit sind Öl-Luft-geschmierte Spindeln: Diese haben diesen Nachteil zwar per Definition nicht, dennoch ist eine regelmäßige Überprüfung auch hier ratsam.
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