„Das wird als Männerberuf abgestempelt“: Frauen erzählen von ihren Traumjobs in der Männerdomäne

2022-09-03 02:48:18 By : Ms. nulla Ya

„Männerberuf“ oder „Frauenberuf“? Viele Berufseinsteiger sehen sich immer noch mit diesem Klischee-Denken konfrontiert. Zwei junge Frauen lassen sich davon nicht beirren. Sie haben ihren Traumjob gefunden – in der vermeintlichen Männerdomäne.

Landkreis – Es gibt Berufe, in denen arbeiten vor allem Frauen. In der Altenpflege, Kosmetik oder Erziehung zum Beispiel. Und dann gibt es Branchen wie das Kaminkehrerhandwerk, in das in erster Linie Männer einsteigen. Dass junge Frauen wie die 19-jährige Carolin Thomas auf Dächer klettern und Schornsteine von Ruß befreien, ist schon eher eine Seltenheit.

Die Raistingerin, die gerade ihr zweites Ausbildungsjahr bei dem Pähler Kaminkehrermeister Christian Mühlbauer beginnt, kennt nur wenige Kolleginnen: In die Berufsschulklasse in München gehen mit ihr drei andere Frauen, in der Parallelklasse sind es weitere vier. „Wir sind also acht Mädels in zwei vollen Klassen“, erzählt sie.

Für Thomas ist es unverständlich, dass es in der Branche nicht mehr weiblichen Nachwuchs gibt. Kein anderer Job, auch nicht im Handwerksbereich, habe ihr beim Reinschnuppern von Anfang an so viel Spaß gemacht. „Das beste ist einfach die Aussicht“, sagt sie und lächelt. „Die ist auf dem Dach immer hammermäßig.“

Zusammen mit ihrem Chef und einem Meistergesellen ist die 19-Jährige für den Kehrbezirk im Weilheimer und Tutzinger Raum unterwegs. Wenn sie in voller Kaminkehrermontur an den Türen klingelt, wird sie schon das ein oder andere Mal überrascht angeschaut. „Ich höre dann Sprüche wie: ,So ein hübsches Mädchen in so einem dreckigen Beruf’.“

Stören tut die 19-Jährige das nicht, im Gegenteil. „Ich finde das süß“, sagt sie und schmunzelt. „Manche fragen auch, ob eine Kaminkehrerin noch mehr Glück bringt als ein Kaminkehrer.“

Dass Carolin Thomas einen handwerklichen Beruf ergreift, stand früh fest. Und dass die Wahl auf die Kaminkehrerbranche gefallen ist, war auch nicht abwegig. Immerhin ist ihr Vater Jens Thomas selbst Bezirkskaminkehrermeister. „Am Girl’s Day bin ich mal mit meinem Papa mitgegangen“, erzählt die 19-Jährige. Danach hat sie ein Praktikum bei einem Kaminkehrer in Dießen gemacht. Und sich schließlich für die Ausbildung in Pähl beworben.

In zwei Jahren ist Carolin Thomas fertige Kaminkehrerin. „Ich kann mir gut vorstellen, danach den Meister zu machen“, sagt sie. Entweder direkt im Anschluss, oder nach ein paar Jahren Berufserfahrung. Fest steht nur, dass sie ihren Traumberuf gefunden hat.

Was ist dran am Klischee „Männer- oder Frauenberuf“? Wie Alexander Dietz von der Handwerkskammer für München und Oberbayern bestätigt, gibt es nach wie vor Berufe, in denen ein Geschlecht dominiert. „In körperlich anstrengenden Berufen ist der Anteil an Männern extrem hoch“, sagt Dietz.

So sind nur knapp vier Prozent der Maurer-Azubis in diesem Jahr Frauen, bei den Zimmerern sind es sogar nur 2,7 Prozent. Im Gegensatz dazu steht das Büromanagement: Hier liegt der Männeranteil mit knapp 24 Prozent deutlich unter den weiblichen Auszubildenden. Im Beruf des Maßschneiders findet sich heuer sogar kein einziger Mann.

Es gibt aber auch Branchen, in denen ein Wandel stattgefunden hat. „Inzwischen gehen mehr junge Männer in den Friseurberuf und mehr Frauen lernen Schreinerin“, sagt Dietz. Auch Peter Geier von Hirschvogel beobachtet, dass sich immer mehr Frauen als Mechatronikerin bewerben. „Der Trend geht nach oben.“

Ähnlich geht es Lara Hirschauer. Für die 20-Jährige beginnt nun das dritte Ausbildungsjahr zur Werkzeugmechanikerin bei Hirschvogel in Denklingen. Auch sie hat den perfekten Job für sich gefunden, und auch sie steckt eigentlich in einer Männerdomäne. „Wir Frauen sind schon in der Minderheit“, sagt die Finningerin, die nach der Gestaltungs-FOS im technischen Bereich arbeiten wollte. Hirschauer sagt aber, dass sie bei Hirschvogel noch vergleichsweise viele weibliche Kollegen habe – in ihrem Lehrjahr sind unter neun Azubis drei junge Frauen. In anderen Betrieben sehe der Frauenanteil deutlich geringer aus, weiß die 20-Jährige.

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Lara Hirschauer ist sich sicher: Das Klischee-Denken, das nach wie vor in unseren Köpfen verankert ist, spielt eine große Rolle bei der Berufswahl junger Menschen. Dieser Auffassung nach gehörten Frauen eher in einen Bürojob als in die Industrie. „Das hier wird als Männerberuf abgestempelt“, sagt Hirschauer. Dabei muss sie als Werkzeugmechanikerin weder oft schwer heben, noch ist die Arbeit sonderlich dreckig – Faktoren, die typischen „Männerberufen“ nunmal zugeschrieben werden.

Tatsächlich erledigen in dem Ausbildungszentrum von Hirschvogel moderne Maschinen einen Großteil der Arbeit. Zwar hat Hirschauer in ihrem ersten Lehrjahr auch das manuelle Fräsen und Drehen von Werkstücken gelernt. Mittlerweile geht es für die 20-Jährige aber hauptsächlich darum, die sogenannten CNC-Maschinen richtig zu programmieren, damit diese das Werkstück dann dem Bauplan entsprechend anfertigen. Je nach Auftrag kann das ganz schön anspruchsvoll sein, sagt Hirschauer.

Was der Beruf des Werkzeugmechanikers mit sich bringt, ist für viele schwer greifbar. Vor allem Mädchen werden kaum dazu ermuntert, sich so eine Ausbildung einmal anzuschauen. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass uns in der Schule hauptsächlich kaufmännische Berufe vorgestellt werden“, sagt Hirschauer.

Mit Aktionen wie dem Girl’s Day oder dem jährlichen Mädchen-Technik-Camp will Hirschvogel dem entgegenwirken und junge Frauen an technische Berufe heranführen. Und es scheint zu fruchten: „Es sind immer Teilnehmerinnen dabei, die sich danach vorstellen können, so eine Ausbildung zu machen.“

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