Mit seiner Virtual Machining Prozess-Lösung gelingt es dem Getriebehersteller C.u.W. Keller, die Durchlaufzeiten im Gegensatz zu früher um rund 25 Prozent zu reduzieren. Nach eigenen Aussagen ließ sich mit der Lösung vom Softwarehersteller Coscom die Wertschöpfung in der eigenen Fertigung um 20 Prozent verbessern.
Bild: Coscom Computer GmbH / C.u.W. Keller
Allein durch Ihre Größe beeindrucken die Produkte der C.u.W. Keller GmbH & Co. KG: Bis zu 4,5 Meter Durchmesser kann ein einzelnes Zahnrad haben und bis zu 40 Tonnen wiegen. Eine komplette Baugruppe, beispielsweise ein Getriebe für einen Schneidkopf-Baggerschiff, bringt es auf 180 Tonnen. Über die entsprechenden Dimensionen für die Großteile-Zerspanung und die Ausstattung müssen auch die CNC-Maschinen und Bearbeitungszentren verfügen, mit denen der Mittelständler die Bauteile fertigt. Das familiengeführte Unternehmen aus Troisdorf in der Nähe von Köln gibt es bereits seit 1901. Im Jahre 1901 in einer 50 Quadratmeter großen Scheune begann die Geschichte der Schlosserei Keller. In den 20iger Jahren spezialisierte man sich jedoch auf die Herstellung von Zahnrädern, in den 30iger Jahren wurde die Produktpalette erweitert mit dem Bau von Getrieben. Heute produziert das Unternehmen mit rund 180 Mitarbeitern Groß- und Einzelteile sowie Baugruppen für Branchen wie den Schiffsbau und die Stahlindustrie. Um die Anforderungen der Auftrags- und Einzelteilfertigung der Kunden zu erfüllen, investiert das Unternehmen kontinuierlich in seinen Maschinenpark. So nahm es in den Jahren zwischen 2007 und 2009 Deutschlands größte Zahnflankenschleifmaschine in Betrieb, außerdem beschaffte es im Jahr 2010 unter anderem ein DMG 5-Achs-Bearbeitungszentrum für das Universalfräsen von Kegelradsätzen in Gerad-, Schräg und diversen Sonderverzahnungen. Darüber hinaus hat es zwei Karusselldrehmaschinen mit angetriebenen Werkzeugen in Betrieb, um Bauteile mit einem Durchmesser von bis zu 3.500 Millimetern zu produzieren. Insgesamt stehen elf CNC-Maschinen und BAZ für verschiedene Zerspanungstechnologien im Fräsen, Drehen und Drehfräsen in den Hallen des Mittelständlers.
Zu den Unternehmenszielen zählt es, möglichst viel Wert im eigenen Haus zu generieren. Dazu gehört die Zerspanung im Bereich Drehen, Fräsen, und Drehfräsen sowie das Tieflochbohren bis 1.500 Millimeter. Den letzten Schliff erhalten die Erzeugnisse von C.u.W. Keller in Spezialmaschinen für das CNC-Profilschleifen, und zwar sowohl für die Innen- als auch für die Außenverzahnung. Die Arbeitszeit in der Fertigung beträgt zwischen 37 und 40 Stunden, wobei in zwei oder drei Schichten produziert werden kann. In den letzten Jahren stieg die Auftragsauslastung kontinuierlich, während der Druck zunahm, immer früher zu liefern. Auf der anderen Seite wurden Baugruppen komplexer. Eine neue CAM-Lösung sollte helfen, diesen Anforderungen gerecht zu werden. Ralf Grommes, NC-Programmierer bei C.u.W. Keller, und sein Team beschäftigten sich mit der System-Evaluation: „Wir produzieren sehr komplexe Bauteile, unter anderem Kegelzahnräder oder Komponenten mit Segmentverzahnungen oder Balligverzahnungen“, sagt Ralf Grommes, „das macht die konventionelle Programmierung an der Maschine nahezu unmöglich und ein CAM-System mit integrierter Simulation zwingend notwendig, um die spätere Zerspanung im Vorfeld am PC wirklich sicher virtuell abzubilden und abzusichern“. Neben dem technologischen Fokus sollten mit der Lösung Neben- und Maschinenzeiten reduziert werden. „Je kürzer die Bauteile auf den Maschinen sind und je schneller der Prozess drum herum ist, desto wirtschaftlicher sind wir und desto besser stehen wir mit unserem Preisgefüge und der Lieferzeit auch im Wettbewerb da“, schildert Grommes. Zurzeit beträgt die Bearbeitungszeit je nach Bauteil zwischen einer halben Stunde und mehreren Tagen.
Grommes und seine Kollegen entschieden sich schließlich für Proficam VM von Coscom. Wichtig war die Unterstützung der Bearbeitungstechnologien Drehen, Fräsen und Drehfräsen. Zudem sollte das System prozessfähig sein von der Datenübernahme aus der 3DCAD-Software über die 3DCAM-Programmierung, die Maschinenraumsimulation mit Materialabtrag und Kollisionskontrolle bis hin zur NC-Programmverwaltung.
Schritt für Schritt baute C.u.W. Keller das CAM-System Proficam VM mit dem CAM-Datenmanagement Factorydirector VM, der Werkzeugverwaltung Tooldirector VM und der Maschinensimulation Profikinematik VM um weitere Coscom-Module zu einer Virtual Machining Software-Prozess-Lösung aus. Das System ist an das ERP-System Proalpha angebunden, übernimmt die CAD-Daten nativ aus Autodesk Inventor und ist mit dem Maschinenpark vernetzt. In der Arbeitsvorbereitung lassen sich mit der VM-Lösung nun sämtliche Arbeitsschritte von der Übernahme der CAD-Daten bis hin zur Simulation und NC-Satzausgabe mit den Bearbeitungstechnologien CAM-Fräsen, CAM-Drehen, CAM-Dreh-Fräsen mit einer einzigen Systeminfrastruktur abbilden.
Mit der Simulationssoftware lassen sich die Bearbeitungsschritte im Maschinenraum vor der Bearbeitung verifizieren. Davon können neben der Arbeitsvorbereitung auch die Maschinenbediener profitieren. Sie haben die Möglichkeit, am vernetzten PC-Terminal einer Maschine Prozessdaten abzufragen oder sich die Simulation der Bearbeitung als Videoclip anzusehen. Im CAM-Datenmanagement-System stehen Fertigungsinformationen wie Produkt-, Artikel- und Technologiedaten sowie NC-Programme auf Knopfdruck für die Arbeitsvorbereitung und über die DNC-Anbindung in der Fertigung bereit. Wenn ein Mitarbeiter während des Bearbeitungsprozesses Modifikationen etwa am NC-Programm vornimmt, wird das gespeichert. Für Ralf Grommes schließt sich so der Kreis: „Im Fall eines Wiederholteils können auch unsere Konstrukteure auf diese Informationen zurückgreifen. Und das spart sehr viel wertvolle Zeit und sichert zudem unser Fertigungs-Knowhow. Im Bereich Drehen konnten wir durch diese Prozess-Lösung unsere Durchlaufzeiten um zirca 25 Prozent beschleunigen.“ Mit der Werkzeugverwaltung erfasst und verwaltet der Fertigungsbetrieb seine Werkzeuge und Werkzeugkomponenten mit Ihren Technologiedaten in einer Datenbank. Damit kann sich C.u.W. Keller seinem Ziel nähern, Nebenzeiten zu reduzieren und Abläufe zu beschleunigen. Denn programmiert wird möglichst nur mit bereits vorhandenen Werkzeugen.
Die Digitalisierung bei C.uW. Keller geht weiter. Künftig sollen Werker verstärkt über vernetzte PC-Terminals Informationen abrufen können. (Bild: Coscom Computer GmbH / C.u.W. Keller)
Schließlich band C.u.W. Keller die Virtual Machining Prozess-Lösung an das ERP-System an. Wenn ein Auftrag eingeht, wird er dort zunächst angelegt. Nach der Freigabe werden die Daten an die Fertigungsdatenbank übergeben. Jeder Artikel ist mit Namen, Teile- und eine Kommissionsnummer versehen. Außerdem wird der Starttermin der Produktion festgelegt. C.u.W. Keller arbeitet die gemäß Arbeitsplan definierten Schritte der Reihe nach ab, wobei der Start- und Endtermin als Orientierung dienen. Aus der Konstruktionsabteilung erhält die Arbeitsvorbereitung die CAD-Daten der Bauteile. Auf dieser Basis programmieren Grommes und seine Kollegen mit Proficam VM die Bauteile, definieren die Werkzeuge, mit denen die Artikel an den Maschinen hergestellt werden. Dann kommt die Maschinenraumsimulation ins Spiel, um die Bearbeitung abzusichern abzusichern. Grommes berichtet: „Der besondere Clou ist das Coscom Maschinenwechselkonzept. Hier steht uns mit dem Coscom Postprozessorkonzept NC-Joker eine Knopfdruck-Lösung zur Auswahl von Alternativmaschinen zur Verfügung. So können wir unsere Maschinenkapazitäten viel besser nutzen sowie Auftragsspitzen gleichmäßiger im Maschinenpark verteilen. Und auch im Falle der Produktion von modifizierten Wiederholteilen wird der gesamte CAM-Prozess dank der NC-Parametrik zur Minuten-Angelegenheit, da eine teilweise aufwändige Neuprogrammierung leicht modifizierter Bauteile komplett entfällt.“
Durch den Einsatz der Coscom Virtual Machinig Prozess-Lösung ist der Getriebe- und Zahnradspezialist seinen Zielen, Neben- und Maschinenzeiten deutlich zu reduzieren, ein gutes Stück näher gekommen. Auf die Frage, wie sich der Einsatz der Coscom-Software insgesamt ausgewirkt hat, erläutert Ralf Grommes: „Die Vorgabezeiten haben sich spürbar verbessert. Als Folge konnten wir mehr Kundenaufträge in gleicher Zeit umsetzen. Proficam VM berechnet die Laufzeiten für jedes Teil exakt und liefert dadurch eine genaue Kalkulationsgrundlage.“ Seit C.u.W Keller die Virtual Machining-Lösung implementiert hat, haben sich nicht nur die Durchlaufzeiten insgesamt verkürzt, auch die Prozesssicherheit in der gesamten Fertigung hat sich erhöht. Auch hier sind die Folgen deutlich spürbar: Bei der NC-Programmierung ging die Fehlerquote um etwa 20 Prozent zurück. Und noch einen weiteren positiven Effekt hatten die mit Virtual Machining beschleunigen Durchlaufzeiten und die verbesserte Flexibilität: C.uW. Keller konnte seine Termintreue um rund zehn Prozent erhöhen.“ Diesen Spielraum nutzt das Unternehmen, um mehr Wertschöpfung im eigenen Haus zu generieren. „In den letzten Jahren hatten wir einen beachtlichen Teil der Aufträge nach extern vergeben. Mit der Prozess-Lösung konnten wir unsere eigenen Produktivitätsreserven besser ausschöpfen und damit die Fremdvergabe von Aufträgen um rund 20 Prozent reduzieren“, sagt Ralf Grommes. Das Ausbau der Digitalisierung ist im Unternehmen bereits geplant. Die Fertigung soll mit weiteren PC-Infopoints an den Maschinen vernetzt werden. Das soll zu höherer Prozesssicherheit, schnelleren Abläufen und zu Synergien in der Shop -Floor-Ebene führen.
Autoren:Michael Naumann ist Freier Journalist aus München.
Schlagwörter: CNC-Fertigung, Computer Aided Manufacturing (CAM)
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Autoren: Michael Naumann ist Freier Journalist aus München.
Webseite: www.keller-getriebe.de
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